#1 STELLUNGNAHME: ANGRIFF AUF TEAM DER „HEUTE SHOW“

Am Freitag, den 1. Mai 2020 wurde ein Team der ZDF „heute show“ in Berlin von maskierten Personen angegriffen. Die Attacke auf das siebenköpfige Filmteam mit dem Reporter Abdelkarim Zemhoute fand in der Nähe einer von Verschwörungstheoretiker*innen dominierten sogenannten „Hygienedemo“ statt. Die Betroffenen schilderten, dass sie von einer größeren Personengruppe aus dem Nichts heraus massiv angegriffen wurden. Einige mussten sich anschließend im Krankenhaus behandeln lassen.

Aufgrund ihrer Brutalität stellt diese Tat eine neue Dimension von Gewalt gegen Journalist*innen in der Bundesrepublik dar. Bereits seit einigen Jahren ist zu beobachten, dass sich Medienschaffende in zunehmendem Maße mit Drohungen, Diffamierungen und körperlichen Angriffen auseinandersetzen müssen. Dabei ist die Arbeit der Presse gerade in Zeiten, in denen Falschmeldungen und Verschwörungsmythen eine Eigendynamik entwickeln, wichtiger denn je. Angesichts der Schnelligkeit, mit der sich Stimmungsmache und Hetze über das Internet verbreiten, braucht es die kritische Einordnung und Kommentierung durch Journalist*innen umso dringender.Ein Angriff auf die Pressefreiheit, egal in welcher Form, ist mit nichts zu rechtfertigen. Der Angriff auf das Team der „heute show“ ist mit nichts zu rechtfertigen. Als Soziales Zentrum Käthe verurteilen wir diesen Überfall aufs Schärfste.

Wir als Heilbronner Projekt treffen diese Aussage, die als Konsens in unserer Gesellschaft vorausgesetzt werden sollte, aus einem einfachen Grund. In einem Artikel der Zeitung „Welt am Sonntag“ vom 10. Mai 2020 mit dem Titel „Aus der heilen Welt zum Prügeln nach Berlin“ wird unser Zentrum mit zwei mutmaßlichen Täter*innen in Verbindung gebracht.Nachdem wir nun einige erste Informationen zusammen getragen haben, möchten wir dazu im Folgenden Stellung beziehen.

Was sind die Fakten?

In ihrem Artikel schreiben die beiden Journalist*innen, zwei Tatverdächtige hätten sich früher „mit Gleichgesinnten“ in unserem Zentrum getroffen. Wir können bestätigen, dass die beiden genannten Personen an offenen Treffen im Sozialen Zentrum Käthe teilgenommen bzw. sich zu normalen Öffnungszeiten in unseren Räumen aufgehalten haben.Die in dem Artikel getroffenen Aussagen, wonach die beiden Personen verdächtigt werden, an der Tat beteiligt gewesen zu sein, decken sich mit den Berichten in anderen Medien und den Aussagen der Berliner Staatsanwaltschaft. 

Was ist Spekulation?

Der Titel des Artikels legt die Schlussfolgerung nahe, dass es sich um eine Tatsache handelt, dass die beiden „Aus der heilen Welt zum Prügeln nach Berlin“ gefahren sind. In der gedruckten Ausgabe wird der Text mit den Worten „Berlin, Berlin – wir gehen Leute zusammenschlagen in Berlin“ eingeleitet. Wir kennen den aktuellen Ermittlungsstand bisher nur aus verschiedenen Medienberichten. Offensichtlich konnte die Polizei insgesamt sechs Verdächtige „in Tatortnähe“ festnehmen. Nur gegen zwei Personen besteht laut Presseberichten ein dringender Tatverdacht. Wir können noch nicht nachvollziehen, ob gegen die beiden Personen, die sich in unserem Zentrum bei offenen Treffen aufhielten, ein dringender Tatverdacht besteht. Auch der Artikel der „Welt am Sonntag“ enthält dazu keine Informationen. Ohne weitere Belege dient die Aussage, die beiden seien „zum Prügeln nach Berlin“ gefahren, unserer Meinung nach vor allem dem Spannungsaufbau der Geschichte. 

Welche Konsequenzen ziehen wir?

Wir verurteilen die Tat. Unsere Solidarität gilt den Opfern des Angriffs. Mit Blick auf die Verantwortung gegenüber dem verletzen Team der „heute-show“ erwarten wir eine saubere Aufklärung des Tatgeschehens und eine klare und unmissverständliche Kommunikation. Sollten sich die Vorwürfe gegen die beiden Personen, die sich in der Vergangenheit in unserem Zentrum aufgehalten haben, bewahrheiten, gibt es für uns einiges aufzuarbeiten. Wir müssen und werden uns dann allen kritischen Fragen stellen, die an uns gerichtet werden. Wir sind dann auch bereit, grundsätzliche Fragen zu stellen, was dazu geführt hat, dass wir jetzt mit einer solch abscheulichen Tat in Verbindung gebracht werden. Bis dahin werden wir mit großer Aufmerksamkeit die weiteren Ermittlungen verfolgen.